Ein HNO-Arzt handelt wettbewerbswidrig, wenn er Patienten zur Versorgung mit Hörgeräten an bestimmte Hörgeräteakustikbetriebe verweist, ohne dass die Patienten zuvor um eine Empfehlung gebeten hätten.

Ein Testpatient, der auf die Aufspürung wettbewerbswidrigen Verhalten von HNO-Ärzten angesetzt ist, suchte den beklagten Arzt auf. Der Arzt diagnostizierte eine beidseitige Schwerhörigkeit und verordnete Hörgeräte. Sowohl der Arzt als auch seine Praxismitarbeiterin fragten den Testpatienten, ob er bereits einen Hörgeräteakustiker habe. Als der Patient die Frage verneinte, wiesen sie auf die beiden in derselben Gemeinde ansässigen Hörgeräteakustiker hin, ohne dass der Patient um eine Empfehlung gebeten hatte. Ein Hörgeräteakustiker hatte seinen Betrieb im selben Haus wie die Arztpraxis, für den anderen erhielt der Testpatient eine Karte mit Wegbeschreibung ausgehändigt.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. sah hierin ein wettbewerbswidriges Verhalten. Der Arzt verteidigte sich damit, dass er die beiden vor Ort ansässigen Hörgeräteakustikbetriebe erwähnt und dabei keinen der beiden in unzulässiger Weise hervorgehoben habe. Das OLG Schleswig hielt das für ein wettbewerbswidriges Verhalten und untersagte dem HNO-Arzt, Patienten zur Versorgung mit Hörgeräten an bestimmte Hörgeräteakustikbetriebe zu verweisen, ohne dass die Patienten zuvor um eine Empfehlung gebeten hätten und ohne dass es hierfür einen besonderen Grund gegeben hätte.

Nach Auffassung des OLG Schleswig verstößt das Verhalten des Arztes gegen die Berufsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein (§ 32 Abs. 2 BOÄ S-H). Hiernach darf der Arzt nicht ohne hinreichenden Grund seinen Patientinnen und Patienten bestimmte Hilfsmittelerbringer empfehlen oder an diese verweisen. Eine Verweisung bzw. Empfehlung im Sinne dieser Vorschrift liege vor, wenn der Arzt von sich aus und ohne Aufforderung oder Bitte des Patienten tätig wird und Anbieter gesundheitlicher Leistungen benennt. Dafür reiche es aus, dass der Arzt den Patienten von sich aus frage, ob der Patient einen geeigneten Hörgeräteakustiker kenne, und dann bei Verneinung der Frage nicht alle in Betracht kommenden Anbieter benenne, sondern nur bestimmte unter ihnen.

Der beklagte Arzt habe nicht alle in Betracht kommenden Anbieter benannt, zumal der Testpatient in Lübeck gewohnt habe und so ohne weiteres auch Lübecker Betriebe in Betracht gekommen wären. Für die Benennung der beiden Hörgeräteakustiker vor Ort habe es keinen hinreichenden Grund im Sinne der ärztlichen Berufsordnung gegeben. Zwar könnten sich Gründe aus der Qualität der Versorgung und aus schlechten Erfahrungen anderer Patienten ergeben. Dies rechtfertige jedoch nur dann die Benennung bestimmter Anbieter, wenn die Qualität der Versorgung bei allen anderen in Betracht kommenden Anbietern schlechter sei und andere Patienten mit allen anderen schlechtere Erfahrungen gemacht hätten. Dies habe der beklagte Arzt nicht vorgetragen.

Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 14.01.2013, Az: 6 U 16/11