Selbst die klassischen Schutzimpfungen sind nicht gänzlich unumstritten, aber was ist eigentlich, wenn es tatsächlich zu einem Schaden durch eine Impfung kommt?
Der Betroffene hat dann unter Umständen Anspruch auf Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz. Er muss allerdings beweisen können, dass die Impfung ursächlich ist für die Erkrankung. Das ist das Ergebnis einer Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2015 (AZ: L 15 VJ 4/12).
Das drei Monate alte Baby erhielt im Jahr 2001 eine Sechsfach-Impfung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Hepatitis B und Polio mit dem heute nicht mehr verwendeten Impfstoff Hexavac. Am dritten Tag nach der Impfung bekam der Säugling einen ersten zerebralen Krampfanfall mit plötzlicher Bewusstseinstrübung, kurzer Bewusstlosigkeit und Muskelzuckungen. Zahlreiche weitere Anfälle folgten.
Impfschaden: 100 Prozent schwerbehindert nach Impfung
Im Oktober 2001 stellte die Mutter einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung und eines Grades der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz. Der Versorgungsarzt stellte wegen eines Anfallsleidens und einer psycho-motorischen Entwicklungsverzögerung einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 fest. Am 26. Februar 2002 meldete das Landratsamt eine Gesundheitsstörung nach Schutzimpfung. Das Versorgungsamt holte das Gutachten eines Kinderarztes, Oberarzt an einer städtischen Klinik, ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass zwar ein zeitlicher, jedoch kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung, der Entwicklungsverzögerung und der fokalen Epilepsie, dem Anfallsleiden, bestehe. Das Versorgungsamt lehnte den Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens schließlich ab.
Die Eltern klagten im Namen des Kindes. Ein weiteres, diesmal molekulargenetisches Gutachten ergab, dass es unter einer Mutation im SCNA-Gen und dem Dravet-Syndrom litt. Die Richter in erster Instanz wiesen daraufhin die Klage ab, da das Anfallsleiden Folge der Genmutation sei. Das sah das Landessozialgericht anders. Es hatte zahlreiche umfangreiche medizinische Stellungnahmen und Gutachten eingeholt. Die Richter schlossen sich dem Gutachter an, der dargelegt hatte, dass die Impfung entscheidender Auslöser für die Krankheit sei.
Ursächlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung
Der Gutachter war zu dem Ergebnis gekommen, dass „zwischen der Impfung und dem Dravet-Syndrom mit an Sicherheit grenzender, jeden vernünftigen Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit eine ursächliche Beziehung bestehe. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenhangs sei bei weitem größer als die anderer denkbarer Zusammenhänge.“ Die Impfung spiele die entscheidende Rolle eines krankheitsauslösenden Faktors bei einer entsprechenden Disposition. Es sei durch nichts bewiesen oder auch nur wahrscheinlich gemacht, dass das Kind auch ohne Impfung erkrankt wäre. Andere Annahmen könne er als reine Spekulationen nicht akzeptieren. Das Kind hat daher Anspruch auf eine Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz.
Quelle: Deutsche Anwaltauskunft